Bikepacking Loire und Normandie – Teil 2

100 Kilometer Idylle erwarteten uns am nächsten Tag. Kleine Straßen, lange Alleen, malerische Dörfer, kaum Autos. Aber wo gibt es hier Menschen? Ist das hier wirklich so dünn besiedelt? Verstecken die sich alle vor uns? Dann erreichten wir eine kleine Brücke am Flüsschen La Rance. Gegenüber eine steile Gasse, mit malerischen Häusern – und Menschen. Also rauf da. Léhon hieß das Dorf, das dann übergangslos zum Touri-Ort Dinan wurde. Ach hier sind sie alle! Der Ort ist aber auch schön. So steil es vorher nach oben ging, so steil mussten wir nun wieder runter.

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An einem kleinen Anleger machten wir Pause und sahen den vielen Paddlern zu. Weiter in Richtung St. Malo. Der erste Campingplatz „Camping de Vigneux“ sah sehr hübsch aus und lag schön am Wasser. Leider hatte das Büro schon zu und für Wi-Fi brauchte man einen kostenpflichtigen Code. Ein paar Kilometer weiter landeten wir dann auf dem 5-Sterne Campingplatz „Le P´tit Bois“, wo es für die 50 (!) Euro zwar kostenloses und schnelles Internet gab, dafür aber der Rest rein gar nicht für Radreisende passte. Keine Sitzgelegenheit, keine Möglichkeit die Handys zu laden, die Waschräume ewig weit weg. Eben voll auf Wohnmobile und -wägen ausgerichtet. Im Nachhinein waren wir uns einig, dass das der größte Reinfall der ganzen Tour war. Der einsetzende Regen in der Nacht machte die Sache nicht besser.

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St. Malo am nächsten Morgen war die erste Station, die wir uns für den Norden bewusst vorgenommen hatten. Die Zufahrt führte uns einmal durch den ganzen Industrie- und Fährhafen. Wüsste man nicht, dass „da drüben“ eine sehenswerte Altstadt ist, man würde wohl nicht auf die Idee kommen, die Insel anzufahren. Wie in allen Fußgängerzonen bisher war auch hier Maskenpflicht. So eng wie es zuging, erschien diese Pflicht auch zum ersten Mal sinnvoll. Mit unseren Rädern zwischen den vielen Menschen beschränkten wir uns darauf, einmal durch die Hauptgasse zu schieben. Außerhalb der Hauptsaison und bei schönem Wetter kann man hier sicher einen wunderschönen Tag verbringen – heute war es too much. 10 km weiter erreichten wir die „Baie du Saint Michel“ und die Felseninsel Mont Saint Michel war schon von Weitem zu sehen.

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Als wir am Zufahrtssteg ankamen, hatte es zwar aufgehört zu regnen, aber die Sicht war recht bescheiden. Da eine Zufahrt mit dem Rad auch erst ab 18 Uhr erlaubt war, ging es erstmal zum Campingplatz in der Ortschaft (empfehlenswert). Die Sonne kam nun langsam wieder zum Vorschein und mit einsetzender Flut fuhren wir wieder in Richtung Insel. Seit 10 Tagen die erste Fahrt ohne Gepäck. Hui, das ist ja auf einmal wackelig im Wiegetritt. Die großen Menschenmassen waren bereits wieder weg, trotzdem war natürlich noch einiges los. Die Räder sperrten wir neben dem Eingang ab, parkten sie dann aber lieber noch zwei Meter höher. Die ganze Anlage ist sehr beeindruckend und die Aussicht auf dem Rundweg immer wieder gigantisch. Als wir 45 Minuten später zurückkamen, war der Haupteingang bereits überflutet. Auch unseren Rädern war das Wasser bedrohlich nahe gekommen. Für ein paar schöne Fotos warteten wir noch die Dämmerung ab.

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Von St. Michel folgten wir nun weiter der Küste bis Avranches, den Berg immer wieder in Sicht. Mit Rückenwind am Meer entlang, es gibt Schlimmeres. Tagesziel war Granville, von wo aus Fähren zur Kanalinsel Jersey ablegen. Zu dieser wollten wir am nächsten Tag um dort zwei Nächte zu bleiben. Der Ticket-Schalter aber geschlossen. Auf Nachfrage dann Ernüchterung. Wegen Corona dürfen auf den Fähren nur ein Drittel der maximalen Passagierzahl einchecken. Der Fährbetreiber hat sich dann entschlossen, die Fährverbindung ganz einzustellen. Statt der Erfüllung eines Jugendtraums also zwei Tage länger Normandie. 🙁

Kriegsgeschichte

In Granville sahen wir nun auch die ersten Bunker des Atlantikwall, die zur Gedenkstätte umgebaut wurden. Die zu zahlenden 2 Euro waren allerdings nicht für den Eintritt (der wäre kostenlos gewesen), sondern der Preis für eine halbstündige Führung. Das Bunkermuseum ist wohl aus einer Privatinitiative entstanden. Der Verantwortliche hatte mit viel Herzblut Ausstellungsstücke zusammen getragen. Die Nacht blieben wir dann im Badeort Donville-les-Bains, etwas weiter nördlich. Der Campingplatz (war ok) lag direkt am Strand.

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Dann weiter in Richtung Norden. Leider gab es oft keine Möglichkeit, direkt am Meer entlang zu fahren. Dafür sahen wir viele kleine und schön hergerichtete Dörfer und natürlich auch immer wieder Spuren der aliierten Landung. Am wunderschönen Campingplatz in Baubigny konnten wir nicht bleiben, weil es mal wieder im Umkreis keine Geschäfte gab. Der Campingplatz Municipal in Clairefontaine war aber auch schön. Mal wieder fanden wir keine Sitzgelegenheit zum Kochen und so gab es Dinner direkt am Strand – verbunden mit einem kleinen Wettlauf mit der Flut.

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Kalt und nass begrüßte uns der nächste Vormittag. Kurzerhand kürzten wir den Track ein wenig ab, sparten uns die nordwestliche Ecke und steuerten lieber Cherbourg an. Mittag wurde es dann wieder trocken und wärmer. Direkt neben dem Camping Municipal La Sinope De QuinéVille (ok) besuchten wir das „World War II Museum„. Bis Utah Beach waren es noch 10 km und natürlich versucht jeder Ort ein wenig vom D-Day-Kuchen abzubekommen.

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Mit einem Geschichtsupdate rollten wir dann am nächsten Morgen zu den Landungsstränden. Neben dem Sport spiele ich auch gern mal das ein oder andere Computerspiel. Eine ganze Weile war im Freundeskreis Call of Duty 2 angesagt. Wer das schon gespielt hat, der weiß, dass der Ort Saint-Mère-Eglise da eine große Rolle spielt. Ein Besuch also auch aus diesem Grund Pflicht. An der Kirche in Saint-Mère-Eglise herrschte das erwartete Touri-Treiben. In den Geschäften gab es teils furchtbare Souveniers. Den berühmten Fallschirm am Kirchturm fotografierte ich natürlich genauso, wie 100 andere Menschen. Das benachbarte Airborne-Museum wäre sicher interessant gewesen, die Schlange an der Kasse aber zu lang. Zurück ans Meer und an der Küste weiter nach Carentan (kennt man auch aus Call of Duty) in Richtung Omaha Beach. Gerne hätten wir uns den Pointe du Hoc angeschaut. Leider war der Eingang zum Gelände ein ganzes Stück entfernt und die beiden Wachmänner am Eingang wollten kein Auge auf unsere Räder haben. Der Parkplatz für Fahrräder war etwas versteckt und unsere Räder dort eine Stunde mitsamt Gepäck unbeaufsichtigt stehen zu lassen, war uns doch zu heiß. Am Campingplatz Omaha Beach hatten wir direkten Zugang zum Meer und wenigstens einmal wollten wir dann doch ins kühle Nass.

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Wie auf allen Campingplätzen, hatten wir auch hier Probleme mit der Stromversorgung. Normalerweise nutzte ich meine Powerbank jeden Abend erstmal um die Wahoos zu laden. Der Rest ging dann in die Smartphones und in meinen iPod. Wenn die Powerbank dann leer war, suchte ich mir einen Platz zum Laden – meist blieb dafür nur der Sanitärbereich. Das klappte auch immer, doch in dieser Nacht hatte wohl jemand ein Defizit in der Unterscheidung Meins-Deins.

Am Soldatenfriedhof „Normandy American Cemetery“ hatten wir das gleiche Problem, wie tags zuvor am Pointe du Hoc. Auch durch die Erfahrung mit der Powerbank in der Nacht zuvor, gingen wir hier ebenfalls kein Risiko ein. Weiter nach Bayeux, wo ich erstmal im Supermarkt Ersatz für meine Stromversorgung beschaffte. Die Ortschaft dann gefühlt ein einziges Freiluftmuseum. Hier lohnt sich definitiv ein längerer Besuch und das nicht nur wegen dem berühmten 56 Meter langen Teppich. Die nächsten 30 km, parallel zur Nationalstraße 13 bis Caen, waren nicht so prickelnd, die Stadt selbst aber toll. In Caen studieren rund 25.000 junge Menschen, die natürlich das Stadtbild prägen. Nach dem Besuch der Festung bogen wir auf einen schönen Radweg ein, der uns immer entlang des „Canal de Caen à la Mer“ zur Pegasus Bridge in Bénouville führte. Am „Camping Oasis“ (ok), im Badeort Franceville, blieben wir die Nacht.

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Am südlichen Ufer der Seine-Mündung kamen wir nach Honfleur, mit seinen verwinkelten Gassen und dem wunderschönen Hafen. Nun folgte die Auffahrt zur „Pont de Normandie“. Im Internet hatte ich Menschen gesehen, die auf einer abgetrennten Fahrradspur Fotos der Brücke machten. Von daher freute ich mich auf dieses Highlight. Diese Abtrennung gab es aber nicht und die Radspur war nur eine Markierung auf der Fahrbahn. Dazu war eine Seite der Brücke gesperrt und der Kraftverkehr wurde einspurig geführt. Die Autos und LKWs konnten also gar nicht Abstand halten. Zum Glück gab es noch eine Spur für Fußgänger, die mit einem Bordstein abgetrennt war. Trotzdem war es erneut ein Horrortrip. Durch den starken Seitenwind schoben wir dann teilweise sogar. Als wir heil auf der anderen Seite angekommen waren, ahnten wir aber noch nicht, dass es noch schlimmer kommen würde. Nach 2 km endete der Radweg auf einmal und für 3 Kilometer mussten wir auf die Hauptstraße, auf der ein LKW nach dem anderen an uns vorbei, in Richtung Containerhafen, donnerte. Als es dann noch anfing zu regnen, war die Stimmung ganz im Keller. Le Havre konnte uns dann gestohlen bleiben.

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25 km weiter östlich steht die „Pont de Tancarville“. Ich weiß nicht, ob die angenehmer zu überqueren ist, aber um die Pont de Normandie und vor allem um den Zubringer nach Le Havre, sollte man einen großen Bogen machen!

Bahntrassenradeln

5 km nach Le Havre wurde es dann schlagartig wieder idyllisch. Tagesziel war Étretat, mit seinem berühmten Felsentor. Der Camping Municipal war ok, nur leider hatten wir in dieser Nacht das einzige Mal Pech mit unserem Nachbar. Zusätzlich gab es in dieser Nacht noch Sturm, was unser Zelt aber locker wegsteckte. Im Gegensatz zu dem eines Kollegen, ein paar Meter weiter. 🙂

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Viel Meerblick hatten wir dann bis Fécamp. Bei der Pause am Supermarkt entdeckte ich ein Radwegschild, das auf einen Bahntrassenweg hinwies. Auf der „Véloroute du lin“ fuhren wir nun 28 km bis nach Cany-Barville. Leider folgten wir nun wieder unserem Track, nicht wissend, dass es nach ein paar Kilometer Unterbrechung, von Houdetot weiter bis kurz vor Dieppe, gegangen wäre. Unser Weg hingegen führte uns zuerst nach Saint-Valery-en-Caux, einer wunderschönen kleinen Hafenstadt. Auch ohne Bahnweg kamen wir so gut nach Dieppe, einer Stadt, von der viele geschwärmt hatten. Uns hat sie weniger begeistert. Etwas außerhalb steuerten wir „Camping La Source“ an, einen empfehlenswerten Platz direkt am Fluß La Scie.

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Wie immer ging es ohne Frühstück zur letzten Etappe. Bis zur ersten Einkaufsmöglichkeit zog es sich heute 30 Kilometer. In einem kleinen Dorf hatten wir dann Glück und bekamen zumindest Baguette. Am Ortsausgang dann der Start zum nächsten Bahnradweg. Die „Avenue Verte“ führt von London nach Paris und ist wohl an vielen Stellen noch nicht ausgebaut. Unsere Teilstücke waren aber tiptop. Bester Teer, schöne Landschaften und immer wieder Bänke zum Pause machen. Dazu hatten wir auch mal Einblick in die Gärten der Häuser, was man von der Straße aus eher selten hat, denn die Franzosen sind Fans hoher Mauern zur Straße hin. Auf den Teilstücken von Saint Vaast d`Équiqueville nach Forges-les Eaux und von Gournay nach Beauvais, kamen wir sehr gut vorwärts und wir erreichten ohne weitere Übernachtung das Auto in Senlis.

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Fazit: Frankreich mit dem Rad ist ein Traum. Hier hat es die rücksichtsvollsten Autofahrer, die mir bisher untergekommen sind. Die Menschen waren immer freundlich und hilfsbereit. In drei Wochen wurden wir nicht einmal angehupt. Und auch die Radwege sind kein Vergleich mit denen in Deutschland. Logistisch hätte ich es mir etwas leichter erwartet. Aber im August macht Frankreich Urlaub und so blieben oft nur die großen Supermärkte, die es halt auch nur in größeren Orten gibt. Etwas enttäuscht war ich von der Infrastruktur auf den Campingplätzen. Die sind oft nur auf Wohnmobile und Wohnwägen ausgerichtet.

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2 Antworten

  1. David sagt:

    Hey dank euch für die super Tour, ein GPX-Track wäre noch cool. 😉

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