Bericht: The Championship Šamorín 2017
Als ich Anfang März die Startzusage für die Erstausführung der 70.3 Weltmeisterschaft der Challenge Family bekam, war ich erstmal baff. Im Vorfeld hatte ich bereits die Qualifikationsanforderungen studiert, aber da ich 2016 mit Roth, Regensburg und Almere nur an stark besetzten Challenge-Rennen teilgenommen hatte, kam mir gar nicht in den Sinn, dass ich irgendwo eine der benötigten Platzierung erreichen könnte. Den Slot gab es dann als Dank, dass ich eben an drei Rennen der Serie teilgenommen hatte. Ob das in den nächsten Jahren so bleibt, ist abzuwarten. Augenblicklich ist es auf jeden Fall ein weiteres postives Detail, dass die Challenge-Family von der Ironman-Konkurrenz aus China abhebt. Zwar war ich bereits für die Langdistanz in Roth und für die 70.3 in Heilbronn als Vorbereitung angemeldet, doch dass ich in Šamorín starten würde, stand sofort fest. Als Athlet, der normalerweise irgendwo im „Middle of the pack“ ins Ziel kommt, lässt man sich so einen Chance nicht entgehen. Gleichwohl blieb Roth trotzdem das hauptsächliche Ziel und das Training weiter auf den 9. Juli ausgerichtet. Eine Mitteldistanz sollte man ja schließlich immer ins Ziel bringen …
Die Vorbereitung der letzten Wochen lief gut. Beim Marathon in Salzburg Anfang Mai startete ich im Trainingmodus und kam mit 3:13 gut durch. Beim Sprinttriathlon in Weiden hatte ich auf dem Rad Druck ohne Ende und konnte beim Lauf auf den abschließenden 5 km noch gut drauflegen. Eine Woche vor Šamorín wurde ein viertägiger Radblock noch vom Halbmarathon in Regensburg abgeschlossen, den ich bei großer Hitze in 1:28:40 ins Ziel brachte, ohne dabei ans Limit zu gehen. Die Woche vorher dann nur noch locker und ich fühlte mich wirklich gut.
Die Anreise nach Šamorín am Freitag vor den Pfingstferien war dann die Hölle. Als sich in Bratislava abzeichnete, dass es recht knapp mit dem Bike-Checkin werden würde, schrieb ich kurz noch Challenge-Chef Zibi. Der hatte wohl schon mehrere Nachrichten bekommen und alles wurde eine Stunde verlängert. Als wir um 17:45 am Parkplatz ankamen und mitsamt Rad das Gelände stürmten, wussten wir das aber noch nicht, merkten aber schnell, dass wir nicht die letzten waren. Mit dem Rad ging es durch die Hotellobby zur Startnummernausgabe – in Deutschland undenkbar. Das ganze Gelände selbst der Hammer. Es bot wirklich die perfekte Umgebung für so eine Veranstaltung. Alle Wege kurz, genug Parkplätze und sehr zuschauerfreundlich. Beim Checkin fürs Rad sehr viele deutsche Kampfrichter. Noch ein paar Fotos und dann startete auch schon die Pasta-Party. Das Anstehen hielt sich angenehm in Grenzen, das Essen war super. Warme Begrüßungsworte und nochmal der Hinweis auf den neuen Mindestabstand von 20 Meter auf dem Rad. Einer Weltmeisterschaft würdig war das Starterfeld, das who is who des Sports war in großer Zahl angereist, das Feld mit Athleten aus 57 Nationen sehr international. Recht bald ging es dann ins Hotel.
Gut zwei Stunden vor meinem Start waren wir wieder vor Ort, der Verkehr heute angenehm ruhig. Pünktlich um 9:00 Uhr fiel der erste Startschuss für die männlichen Profis und dann folgten alle 10 min Welle um Welle. Meine komplette AK 45 war zusammen mit der AK 40 um 10:20 Uhr an der Reihe, was mir einerseits eine lange Wartezeit, aber auch den direkten Blick auf den ersten Wechsel der Profis brachte. Rund 100 weitere Athleten stapften nun den Kieselstrand in Richtung Donau hinunter. Mit 18 Grad war das Wasser perfekt temperiert. Nach dem Start gab es die üblichen Rangeleien, die sich bald auflösten. Lediglich ein Kollege konnte die Spur nicht halten und kreuzte ständig vor mir. Leider wollte er sich auch nicht überholen lassen. Jeden meiner Versuche konterte er und ich versuchte mich zu arrangieren. Ein leichtes Stechen in der Schulter verschwand zur Halbzeit, dafür wurde jetzt die Orientierung schwerer. Der Rückweg war nur noch mit weissen Bojen markiert, die im Gegenlicht etwas schwer auszumachen waren. Dazu dann die Moterboote der Wasserrettung, die mehrmals ordentliche Wellen produzierten. Nach genau 36 Minuten verließ ich das Wasser und lief in die lange Wechselzone.
Für den folgenden brettebenen Radkurs hatte ich mir einen 36er Schnitt vorgenommen und so hieß es von Beginn an Druck aufzubauen. Jedoch dauerte es bis Kilometer 20, bis ich halbwegs locker wurde und ein Ziehen in der linken Hüfte verschwand. Mit ganz leichtem Rückenwind führte die Strecke nach Süden, überquerte nach einer kurzen Rampe die Donau und bog wieder nach Norden ab. Bei Halbzeit dann eine kurze Abfahrt und parallel zum Hinweg ging es nun zurück. Erneut die Rampe über die Donau und leicht gegen den Wind waren die letzten 25 Kilometer nun zu bewältigen. Die ganze Zeit überholte ich Fahrer aus den Startgruppen zuvor. Das Feld war aber bereits so aufgelockert, dass es kein Problem war, die 20 Meter einzuhalten. Überhaupt habe ich schon ewig kein so faires Radfahren mehr erlebt. Im Gegenwind wurde mein Radschnitt wieder ein wenig schlechter, doch am Ende stand da trotzdem was mit 36 vorne dran, was mich schon ein wenig aufmunterte. Fürs Rad hatte ich mir eine Flasche mit Malto in den Lenkertank gefüllt und dazu noch ein Konzentrat angefertigt, das für weitere drei Füllungen reichte. Das nötige Wasser konnte ich gut aufnehmen und eigentlich lief es genau nach Plan. Und trotzdem merkte ich gegen Kilometer 80 wieder mal ein komisches Gefühl im Magen.
Die ersten Schritte nach der Linie waren wie auf Eiern, 90 Kilometer permanent drücken – ohne kurze Pause oder auflockernden Wiegetritt am Berg – hatten mich doch verkrampft. In den Laufschuhen wurde es anfangs kaum besser. Die linke Hüfte schmerzte die ersten beiden Kilometer und ich musste kurz DNF-Gedanken aus meinem Kopf verbannen. Bis Kilometer 10 hielt ich ein Tempo von 5 min oder knapp darunter. Ich merkte nun, dass meine Tanks leer wurden, konnte aber nichts nachfüllen. Mit einem Gel kämpfte ich fast 500 Meter, um es nicht wieder ausspucken zu müssen. So spülte ich nur den Mund mit Cola und nahm Schwämme, wo immer ich welche bekommen konnte. Die Laufstrecke selbst hatte es in sich. Auf dem Papier fast eben, wartete jede Runde ein Kilometer auf der staubigen Pferderennbahn, vor- und nachher dazu immer ein paar Meter über die Wiese, was richtig Kraft kostete. Fast schon wieder angenehm dann die Rampe hinauf auf den Donaudamm. Drei Runden waren zu schaffen und bald stellte sich heraus, dass mein Ziel von Sub 5 mal wieder nicht erreichbar war. Den Halbmarathon hätte ich dazu unter 1:45 laufen müssen, was heute bei 32 Grad nicht machbar war. Da mein Magen bereits die Arbeit verweigerte, lief ich nun völlig auf Sparflamme, konnte aber immerhin einen 5:30er Schnitt halten.
An zwei Stellen standen noch Duschen, die ich gerne in Anspruch nahm und die meine Körpertemperatur halbwegs unten hielten. Relativ viele Ecken und Untergrundwechsel störten immer wieder den Laufrhythmus, für die Zuschauer ist die Strecke aber genial. Fast jeden Kilometer kann man seinen Athleten sehen und anfeuern. Endlich im Ziel dann Erleichterung, wenigstens ohne Gehpausen ausgekommen zu sein. Doch Freude wollte keine aufkommen, Übelkeit spielte mir noch über eine Stunde schwer mit und ich verstand nicht mehr, warum es wieder so gelaufen war. Meinte ich doch, endlich ein passendes Ernährungskonzept gefunden zu haben und jetzt war ich schon nach vier Stunden fast nicht mehr aufnahmefähig. Noch 14 Tage bis Heilbronn, bzw. 5 Wochen bis Roth und die Hoffnung, bei weniger heissen Bedingungen besser auszukommen.
Achja: Die Uhr blieb bei 5:09:27 stehen, der abschließene Halbmarathon also in 1:56 bei einem Durchschnittspuls von 138. Zum Vergleich: Am nächsten Tag lief ich abends noch einen lockeren 20er bei nahezu identischem Tempo und 112 Durchschnittspuls. Erfreulicherweise sprang trotzdem noch ein Platz in der ersten Hälfte des Feldes raus. Von den genau 600 Finishern landete ich auf Platz 269 und wurde 25ster in der AK 45. Vielen Dank an Sabine für den tollen Support. Bei ihrem mitunter griesgrämigen Modell, hatte es sie mit der Kamera diesmal echt schwer.
Fazit: Samorin als Wettkampf ist unbedingt eine Empfehlung wert. Die Organisation und das Rundum waren wirklich toll. Die Teilstrecken machten Spaß, die Laufstrecke aber unwerwartet anspruchsvoll. Kleine Abzüge gibt es lediglich bei der Zielverpflegung.