Roth ist immer wieder für Überraschungen gut
Ins Training für Roth stieg ich am 8. Januar ein, also genau 6 Monate vor dem längsten Tag des Jahres. Wie 2022 trainierte ich wieder mit Matthias Fritsch. Ich wusste also, wie das Training ablaufen würde. Im Schwimmen fühlte ich mich dieses Jahr recht ordentlich vorbereitet. Auch das Laufen war gut, ging ich doch nach meinem Sub 3 Marathon in Frankfurt recht fit in den Winter. Lediglich beim Radfahren hing ich heuer etwas hinterher. Die FTP-Werte deutlich niediger als das, was ich 2022 fahren konnte. Mag auch mit den wenigen Kilometern in 2023 zusammen hängen. Die Mitteldistanz in Ferropolis Anfang Juni zeigte mir auf jeden Fall, dass da der Druck noch fehlte.
Der letzte Trainingsblock vor Roth hatte aber noch gut was gebracht, das merkte ich deutlich. Leider musste der FTP-Test eine Woche vor dem Showdown ausfallen. Eine Erkältung kurz vor dem Saisonhöhepunkt ist natürlich genau das, was man sich nicht wünscht. Fünf Tage fühlte ich mich geschwächt und voller Panik suchte ich schon nach potentiellen Alternativwettkämpfen. Doch wurde ich rechtzeitig wieder fit und so ging es Freitag nach Hilpoltstein. Die Campingwiese war am Nachmittag schon gut gefüllt, aber wir fanden noch einen schönen Platz.
Mit dem Rad entlang dem Kanal in Richtung Roth bzw. Expo und natürlich lief uns gleich mal Jonas Deichmann und seinen Jünger in die Arme.
Manu und Leiki zeigte ich auf dem weiteren Weg noch die besten Plätze für den Sonntag. Checkin wie immer unproblematisch. Dann der übliche Bummel über die Messe. Leider hatten einige Stände wegen des Länderspiels schon dicht gemacht, auf den anderen war dafür umso mehr Platz. Im Challenge-Fanshop war leider schon viel ausverkauft. Während die anderen beiden dann zum Public-Viewing gingen, besuchte ich die Nudelparty. Nach dem Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft fuhren wir dann zurück nach HIP.
Samstagmorgen dann ein kleiner Lauf mit Sebastian Kienle, der an diesem Tag 40 Jahre alt wurde. Dann Besuch beim Buchstaller, Mittagessen in der Bäckerei Schmidt und langsam ging es daran, das Rad einzuchecken. Beim Gang durch den Radpark wurde mir klar, dass mein Cube C62 schon wieder hoffnungslos veraltet ist. Dann kam der erste Platzregen und wir schafften es gerade noch trocken zum Zeltplatz. Dann noch auf einen Kaffee zum Trainer und nach einer (sehr guten) Takeaway-Pizza ging es früh ins Bett.
Die ganze Nacht regnete es, doch gegen 4 Uhr hörte es auf. Vereinskollege Johannes wollte schon um 5 Uhr nach dem Rad schauen, also klingelte der Wecker um 4:30 Uhr. Ja, der Johannes. Der machte heute seine zweite Langdistanz. Er schwimmt noch schlechter als ich und am Rad dürften wir ähnlich schnell sein. Im Laufen ist er aber mindestens eine Klasse besser. 23 Jahre jünger als ich läuft er einen reinen Marathon locker unter 2:40. Also würde er im Normalfall am Ende vor mir sein – aber natürlich war da schon etwas Ehrgeiz meinerseits – man weiß ja nie.
Beim Anziehen des Neos verteilte ein Kampfrichter (leider einer aus meinem Triathonverein) bereits eine rote Karte für Wildpinkeln in der Wechselzone. Ein paar Meter weiter standen ungefähr 150 Dixi-Klos. Man kann von manchen Regeln der DTU halten was man möchte, aber das war schon dämlich. Dann endlich ins Wasser und um 7:10 Uhr fiel mein Startschuss. Dass ich zu weit vorne war, wurde mir sofort klar. Auf den ersten 500 Meter Schläge, wie noch nie. Doch dann wurde es langsam besser. Leider lief mir immer wieder die Brille voll Wasser und ich musste mehrmals halten und sie entleeren. Dem Schwimmrhythmus tut das natürlich nicht gut. Überhaupt kam ich nie so richtig rein. Ab km 2,5 wurde dann die Sicht irgendwie neblich. Na toll, jetzt läuft die Brille auch noch an. Dann endlich der Schwimmausstieg. 1:15:10 – da hatte ich mir etwas mehr erhofft, aber die Zeit war schon ok. Allerdings hatte ich noch immer trübe Sicht nachdem ich die Brille abgenommen hatte. Wohl doch zu viel Kanalwasser in die Augen bekommen. Der Wechsel lief gut. Auf Ärmlinge hatte ich verzichtet, da brauche ich immer so lange zum Anziehen, wenn ich nass bin. Aber Handschuhe gönnte ich mir, die machen auch viel fürs Wohlbefinden.
An der ersten Kurve, also 10 Meter nach der Aufstiegslinie landete der Fahrer vor mir schon im Absperrgitter und schlug einen Salto. Ich hatte erstmal Beine wie Blei und fror wie Hölle. Ca. 15 Grad und nasser Einteiler. Bis Heideck fuhr ich sehr verhalten und wurde am Berg durchgereicht.
Ab Selingstadt drehte ich dann langsam auf. Leider waren sehr viele Gruppen unterwegs und ich wollte sauber fahren. So musste ich bis Greding oft rausnehmen. Am Kalvarienberg wurde es mir endlich richtig warm, was aber nicht lange anhielt. Es fing bereits an zu tröpfeln. Die Abfahrt nach Obermässing war fast trocken. Dann fing es aber richtig an zu regnen. Ich kam trotzdem immer besser in den Tritt und konnte gut meine geplanten Wattwerte halten. Wieder viele Gruppen, teilweise wurde hemmungslos gelutscht. Ich hielt mich raus, denn ich wollte auch keine Verwarnung riskieren. Am Kränzleinsberg war diesmal wenig los, regnete es doch gerade Vollgas. Der Solarer Berg dafür voll wie immer.
Kurze Zeit später ging es dann schon auf Runde 2, die anfangs recht unspektakulär verlief. Kurz vor Greding flog ich an Jonas Deichmann vorbei. Die Serpentinen-Abfahrt diesmal nass. Da war es natürlich von Vorteil, wenn man die Strecke gut kennt. Manche eierten da übelst runter. Unten in Obermässing krachte dann etwas am Rad, als ich durch die Rinne fuhr. Kurze Unsicherheit, aber scheinbar war nichts kaputt. Später meinte ich dann einen Schleicher gefahren zu haben, in den Kurven eierte das Hinterrad etwas. Puh, hoffentlich hälts noch. Daheim entdeckte ich dann eine gerissene Speiche und einen 5mm-Achter.
Solarar Berg zum Zweiten, der Regen hörte wieder auf und langsam durfte ich mich auf die 3. Disziplin einstellen. Nach 5:09:41 stieg ich vom Rad. 34,6 km/h Schnitt bei zwei fast identischen Runden. Es lief also erstaunlich gut, was ich so nicht erwartet hatte. Wobei man sagen muss, dass es diesmal kaum Wind hatte.
Also auf auf die Laufstrecke. Zum ersten Mal hatte es für mich in Roth unter 30 Grad. Das Laufen war angenehm und ich kam schnell in den Tritt. Problemlos konnte ich zwischen 4:30 und 4:35 min/km laufen. Erstes Mal Lände und ab in Richtung Heimpfarrich. Etwas nach der Wende kam mir Johannes entgegen, also ca. 3 km hinter mir – aber deutlich schneller. Zweites Mal Lände und ab nach Norden. Die Beine super, Puls knapp unter 130 – das läuft gut. Ich lief konzentriert, hörte in meinen Magen, ernährte mich regelmäßig und fing an zu rechnen. Halbmarathon ging ich in 1:39 durch. Würde ich die zweite Hälfte unter 1:51 laufen, dann würde mein langgehegter Wunsch in Erfüllung gehen und ich hätte eine 9 vorne dran. Kein Einbruch zeichnete sich ab, jetzt also Tempo halten und so lange wie möglich nicht langsamer werden.
Dann plötzlich ein Stich im linken Oberschenkel. Nein, bitte keinen Krampf. Ich nahm etwas raus. Zwei Kilometer knapp unter 5 min und es wurde trotzdem schlimmer. An der Lände bei km 25 standen Manu und Leiki. Ich blieb an der Verpflegung kurz stehen, dehnte den Oberschenkel und jammerte den beiden ein wenig vor. Ich lief wieder los, aber der Ofen war aus. Ich konnte nicht mehr laufen. Sobald ich antrabte stach es wieder. Bis Roth marschierte ich. Bei km 29 überholte mich Johannes, der auch deutlich langsamer geworden war. Aus dem Rothgrund nach oben versuchte ich es wieder. Ah, bergauf geht zumindest.
Links ging es jetzt ins Ziel, aber ich musste noch nach Büchenbach. Wenn man bei km 30 weiß, dass man noch 12 km wandern muss, ist das schon eine leichte Überwindung, nicht einfach abzubiegen und aufzuhören. Aber wie war das vor zwei Jahren mit „Only Quitters quit“? An den VPs nahm ich so viel Salz, wie ich reinbringen konnte und als der Anstieg nach Büchenbach kam, war ich einer der Wenigen, die hochliefen. Hinten runter war ich aber wieder der Wandersmann. Zurück nach Roth gleiches Spiel. Irgendwann stand dann 41 auf dem Schild und ich trabte an. Wenigstens den letzten Kilometer laufen. Körperlich fehlte mir gar nichts. Ich hätte noch viele Körner über gehabt. Entsprechend gut ging es mir auch im Ziel.
Natürlich war ich auf der Strecke erstmal geknickt, aber die gute Laune kam schnell zurück. Zum ersten Mal konnte ich mit aufmerksamen Geist die Anfeuerungen aufnehmen. Heute lief ich nicht im Tunnel und konnte die Atmosphäre voll genießen. Im Ziel war daher auch aller Ärger bereits wieder verflogen. Und die Zeit war mit 10:44:02 ja auch noch im Rahmen geblieben. Da habe ich an gleicher Stelle schon viel schlechter abgeliefert.
Fazit: Der Challenge Roth hält immer wieder neue Überraschungen parat. Das war jetzt mein 7. Start und zum ersten Mal hatte es unter 30 Grad. Perfekte Bedingungen also. Ein annehmbares Schwimmen, ein überraschend guter Radsplit und sehr gute Beine beim Laufen. Zumindest bis Halbmarathon. Trotzdem wie immer ein unvergessliches Erlebnis. Geniale Stimmung trotz zwischenzeitlichem Regen, supertolle Supporter und wie immer eine perfekte Organisation machen Roth einfach zur Nummer 1 im Triathlonsport – eben zum #homeoftriathlon